Anlässlich des Equal Care Day hat der Ortsverein Dresden am 28. Februar unter der Fragestellung "Wie wollen wir Arbeit fair teilen?" zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Denn wer die Frage der Geschlechtergerechtigkeit stellt, muss sich auch mit der Option einer gesellschaftsweiten Arbeitszeitverkürzung auseinandersetzen.
Um diese mitunter noch explosive Frage zu erörtern, waren hochkarätige Expert*innen zu Gast im Gewerkschaftshaus Dresden. So führte der Autor und Gewerkschafter Stephan Krull (attac AG arbeit fair teilen) ins Thema ein: Arbeitszeitverkürzung sei schon immer besonders schwer zu verhandeln gewesen, sei eine echte Machtfrage und brauche ein gesellschaftliches Umdenken, so Krull. Es gehe im Kern um Freiheit und Emanzipation. Von der Kapitalseite werde die gesellschaftliche Diskussion in eine moralisierende, kulturkämpferische gewendet. Er verwies außerdem auf den Zusammenhang von Teilzeitfalle und weiblicher Armut und geringeren Rentenansprüchen. Im Durchschnitt werde jetzt bereits ziemlich genau 30 Stunden pro Person gearbeitet, doch die Verteilung müsse gerechter werden.
Frauke Linne vom Konzeptwerk neue Ökonomie stellte im Anschluss klar, dass Care Arbeit das Fundament der Gesellschaft und auch der restlichen Wirtschaft darstelle. Wollen wir eine gerechte und nachhaltige Welt, müssten wir auch das Thema Care ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen. Sie forderte eine kurze Vollzeit von 28 Stunden bzw. 4 Tage/Woche.
Marlen Schröder vom DGB Sachsen sprach daraufhin aus der "Betroffenen-Perspektive": mit zwei Kita-Kindern und Teilzeit-Arbeit bewege sie sich oft in einem schwierigen Spagat zwischen beruflichen Ansprüchen an Erwerbsarbeit, ihrer Rolle als Mutter und einer fairen Partnerschaft. Sie verwies auf die Forderungen der DGB-Frauen und unterstützte die anwesenden Erzieherinnen bei ihrer Forderung nach einem deutlich besseren Betreuungsschlüssel im sächsischen Kitagesetz.
Vom Publikum wurde nach den Beiträgen diskutiert, inwieweit aktuelle tarifliche Auseinandersetzungen etwa in Kliniken, Kitas und im ÖPNV Veränderungen herbeiführen könnten und ob Beschäftigte durch höhere Personalausstattung und eine Arbeitszeitverkürzung entlastet werden. Zum Widerspruch zwischen Fachkräftemangel und Arbeitszeitverkürzung waren die Anwesenden einhellig der Meinung, dass es von guten Arbeitsbedingungen abhängt, dass die wichtigsten Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge ihre Fachkräfte halten und nicht verlieren. Von einer zuverlässigen Kinderbetreuung hängt zudem die Möglichkeit von Müttern ab, mehr als halbtags erwerbstätig zu sein. Hier wäre die 28- oder 30-Stunden-Woche eine Ausweitung des Fachkräftepotenzials.
Gewerkschaftspolitische Assistentin